Interview mit Marie und Vynce von WHYZDOM


MCR:  Hallo Marie, hallo Vynce. Vielen Dank, dass ich mit Euch dieses Interview machen kann. Stellt Euch für die deutschen Fans doch bitte einmal vor.

VYNCE: Wir sind eine Symphonic-Metal-Band aus Frankreich, mit der hübschen Frontfrau Marie. In unsere Musik verwenden wir viele Orchester-Passagen, die wir so realistisch wie möglich mit echten Orchesterarrangements einspielen. Wir versuchen, es so intensiv und heavy wie möglich umzusetzen. Wir haben bisher zwei Alben veröffentlicht, und hatten die Chance, mit Delain auf Tour zu gehen oder für Tarja zu eröffnen. Wir spielten bereits in vielen Orten in Europa und auf einigen großen Festivals, wie dem Metal Female Voices Fest in Belgien oder den Dames Of Darkness in Großbritannien. Unser drittes Album wird im Februar erscheinen.

MARIE: Und ich möchte hinzufügen, dass ich sehr gerne in Eurem Land spiele: das Publikum ist warmherzig. Im Februar 2013 sang ich zum ersten Mal mit Whyzdom in Deutschland! Das ist eine ganz besondere Erinnerung für mich.


MCR: Marie ist inzwischen Eure vierte Sängerin. Vor allem zur Produktion Eures zweiten Albums gab es mehrere Besetzungswechsel. Clémentine Delauney verließ die Band kurz bevor Ihr in’s Studio gegangen seid. Elvyne Lorient, die „Blind ?“ eingesungen hat, wollte nicht mit auf Tour gehen. Vynce, denkt man in solchen Momenten daran aufzugeben und die Band aufzulösen?

VYNCE:  Nein, das kam mir nie in den Sinn. Der Hauptgrund dafür ist, dass Whyzdom eine Geschichte der Freundschaft ist, sogar über die sechs Musiker hinaus, die die Fans zur Zeit sehen, mit Vultus, die die Kleidung entwirft, unserem Fotograf, unseren Toningenieuren, X-Nihilo usw.. Die Dinge waren nie ganz auf eine Person ausgerichtet, auch nicht auf die Frontfrau. In all diesen schwierigen Situationen haben wir noch enger zusammengefunden. Deshalb haben wir immer weiter gemacht. Jetzt, wo Marie bei uns ist, glaube ich, dass uns eine gemeinsame Freundschaft verbindet, die uns stärker macht,... und noch viel glücklicher!


MCR: Marie, wie war es für Dich Songs auf der Bühne zu singen, die für andere Sängerinnen entwickelt wurden? Und war es, schwer live in die Fußstapfen einer Clémentine Delauney zu treten, die ja inzwischen bei Genre-Größen wie Serenity und Visions of Atlantis singt?

MARIE: Alle Sängerinnen vor mir waren sehr gut, auch Lisa Middelhauve von Xandria sang mit Whyzdom (Anm. RK: das war 2010 zum RAISMES Fest und als Support für Tarja in Paris)! Ich hätte nie gedacht, dass ich in der Lage bin, diesen Job zu tun. Es war eine Überraschung, als die Band mich gebeten hat, sich ihnen anzuschließen. Aber sie sorgten dafür, dass ich mich sofort wohl fühlte, und es jetzt zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Eine meiner Freundinnen (Lucie, Whispering Tales) sagte dazu: "Das passt perfekt ", nachdem sie uns in Lyon im Jahr 2013 gesehen hat, und das hat mich sehr gefreut.  Die Freunde und Fans von Whyzdom waren sehr nett, als ich in die Band kam: Ich danke ihnen immer und immer wieder für ihre Freundlichkeit.  Was andere Sängerinnen betrifft, eifere ich ihnen nicht unbedingt nach. Alles, was ich will, ist, mit meiner Band zu singen und mit unseren Fans und Freunden die Emotionen großer Shows zu teilen. 2015 wird riesig, mit dem Dames of Darkness Festival in Großbritannien, dem Made of Metal Fest in der Tschechischen Republik und mit dem neuen Album in Kürze!


MCR: Marie, Du hast Deine Freundschaft zu Lucie Vételé von Whispering Tales erwähnt. Es gibt in Frankreich eine Vielzahl guter Female Fronted Bands. Ich denke da u.a. an Kells, Asylum Pyre, Kerion oder auch Markize. Wie sind Eure Beziehungen zu diesen Band? Bist Du mit weiteren Sängerinnen befreundet?

MARIE: Ich würde in Deiner Aufzählung Eths ergänzen, eine großartige Band mit sehr guter Sängerin, und vielleicht auch Penumbra erwähnen mit meiner Gesangslehrerin Asphodel als Sängerin, aber auch Anae, die Sängerin von Adrana. Ich muss sagen, ich bewundere ihren Gesang und er inspiriert mich in meiner Praxis. Ich bin mit einigen Musikern befreundet, die ich in meinem Leben getroffen habe, nicht nur Sänger übrigens: Adrana, Bel'o'Kan, natürlich auch Entropia und Azylya und viele andere Bands.


MCR: Ich habe Whyzdom bisher einmal live erlebt, auf dem Metal Female Voices Fest 2009 (mit Telya Melane). Ich muss gestehen, ich war Neuling auf dem Festival und habe keinerlei Erinnerungen an Eure Show. Könnt Ihr Euch noch an diesen Auftritt erinnern?

VYNCE: Ja, ich erinnere mich sehr gut. Es war unglaublich, für eine junge Band wie uns, auf einer so großen Bühne vor so einem großen Publikum zu spielen. Zu der Zeit zu der wir spielten (ca. 11h), waren bereits ca. 1500 Menschen dort. Und meine beste Erinnerung von allem ist, wie groß die Schlange der Fans war, die uns nach der Show treffen und sich CDs signieren lassen wollten. Ich werde das nie vergessen! Eine lustige Anekdote: eine meiner Gitarrensaiten riss am Ende des Songs „The Witness“. Ich musste mir eine andere Gitarre nehmen (Regis hatte einen Ersatz hinter der Bühne)... aber ich war völlig neben der Spur, denn diese war ganz anders als die, mit der ich normalerweise spiele!


MCR: Die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, wie brandaktuell die Texte Eurer Songs sind. Ich möchte Euch und dem französischen Volk hiermit mein tief empfundenes Beileid aussprechen. Ich denke in diesem Zusammenhang zum Beispiel an „While the Witches Burn“. Die Hexenverbrennungen zu Zeiten der Inquisition waren grausame Morde, durchgeführt von religiösen Fanatikern. Denkt Ihr, dass Ihr mit Eurer Musik einen Beitrag zu Völkerverständigung leisten könnt?

MARIE: Ich spreche mein Beileid allen Familien aus, die nach diesen schrecklichen Tagen trauern, die wie wir hier in Paris hatten. Ich stehe noch immer unter Schock. Wir wussten nicht, was passieren würde, während wir dieses Album produzierten, so dass wir nur zum Ausdruck gebracht haben, was wir über unsere Welt denken. Vynce schrieb Songs, die die Ängste aller Menschen berühren können, nicht nur der französischen: Was machen wir, wenn wir nicht aufhören, diesen Planeten zu töten und zu zerstören und einander hassen. "Warum haben die Menschen Gott nach ihrem eigenen Bild geschaffen? Wie können sie damit die Metzeleien und die Verbrechen rechtfertigen?"

VYNCE: In der Tat, die Ereignisse in der vergangenen Woche waren schrecklich. Ich stand völlig unter Schock. Jetzt werde ich nicht in der Lage sein, Tears Of A Hopeless Gott zu spielen ohne an diese Tragödie erinnert zu werden. Es gibt einen anderen Satz in diesem Song, der jetzt eng mit mir verbunden ist und ich kann mir vorstellen dass Gott dies fragen würde: "Warum tötet Ihr andere in meinem Namen, was sind das für Worte, von denen Ihr behauptet, dass ich sie verkündet habe?".


MCR: Ich habe mir das Album zuerst mit meinen Kopfhörern angehört. Ich muss sagen, der Sound hat mich weggeblasen! Meines Erachtens das Beste der drei Alben von Whyzdom. Wie seid Ihr an das Songwriting herangegangen? Habt Ihr geplant, dass dieses Album härter und kraftvoller sein wird als seine Vorgänger?

MARIE: Vynce arbeitete hart für den Sound! Wir hatten 17 Songs von allen Bandmitgliedern und haben davon 11 ausgewählt. Dann haben alle Bandmitglieder ihre Ideen zu den 11 Songs geäußert, von denen wir die besten ausgewählt haben. So war es nicht so einfach für Vynce, der die Hauptarbeit bei Orchestrierung und Arrangement hatte, aber wir können sagen, es war eine gute Zusammenarbeit der Band.

VYNCE: Ja, es war auf jeden Fall eine harte Arbeit. Das ist wirklich gut zu hören, dass Du den Sound zu schätzen weißt, somit hat es sich bezahlt gemacht bei unserem dritten Album da besonders drauf zu achten. Und ich glaube, Du hast Recht, wenn Du sagst, dass es härter und druckvoller ist. In der Tat, haben wir viel mehr an den Gitarrenriffs gearbeitet, damit sie härter ausfallen als die der vorherigen Alben. Wahrscheinlich haben uns Maries stimmliche Fähigkeiten hierbei inspiriert, diesen Weg zu gehen.


MCR: Die Songs des Albums sind symphonisch und sehr cineastisch angelegt. Es gibt viele orchestrale Passagen und Chorusse. Habt Ihr mit einem richtigen Orchester und einem Chor zusammen gearbeitet?

VYNCE: Eines der spezifischen Merkmale von Whyzdom ist die Verwendung von Orchestermusik gemischt mit Metal. Orchestration ist meine Leidenschaft, und alle Teile wurden so geschrieben, dass Du alle Instrumente des Orchesters hören kannst. Nicht nur Streicherakkorde, welche nur die harmonischen Bewegungsabläufe ändern. Ich versuche, Melodielinien für alle Teile des Orchesters, und nicht nur Akkorde zusammenzusetzen. So kannst Du Geigen, Celli, Flöten, Trompeten, Posaunen, Schlagzeug und so weiter hören. Das ist, wie für ein richtiges Orchester zu komponieren. Aber leider ist die Hinzuziehung eines echten Orchester wirklich zu teuer - vor allem, wenn sie sehr schwierige Parts spielen sollen. So verwenden wir Orchesterbibliothek-Samples, dieselben, die Du in Hollywood-Produktionen vieler Filme tatsächlich hören kannst. Ich hoffe, dass es realistisch klingt.  Über den Chor: Wir haben Sänger mit hohen Tonlagen aufgenommen, darunter Marie, mehrmals zu einem riesigen Chor zu zusammengefügt.

MARIE: Ich war wirklich glücklich, am Chor beteiligt zu sein, weil ich liebe, gemeinsam mit anderen Sängern zu singen. Und die Melodien von Vynce zu singen war wirklich schwierig, so war es eine Herausforderung.

VYNCE: Ja, sorry dafür. Chorstimmen sind irre. Insbesondere die chromatischen Teile (Du kannst sie auf Let's Play With Fire hören). Aber das ist auch das, was Whyzdom von anderen Bands unterscheidet. Übrigens hoffe ich, dass wir in naher Zukunft, mit einem echten Chor und sogar einem richtiges Orchester zusammenarbeiten können. Ich werde weiter daran arbeiten!


MCR: Symphony Of A Hopeless God” ist ein Konzeptalbum. Es gibt einige Konzeptalben anderer Bands die schwächer waren, da sich die Bands zu sehr auf das Konzept konzentriert haben als auf das Songwriting. Ich denke da u.a. an „Nostradamus“ von Judas Priest oder auch „Framing Armageddon“ von Iced Earth. “Symphony Of A Hopeless God” gehört für mich zu den besten Alben der letzten Jahre. Wie ist es Euch gelungen, das Songwriting auf solch hohem Niveau zu halten?

VYNCE: Es ist sehr schwer, auf diese Frage zu antworten. Wir haben nicht einmal versucht, ein Konzeptalbum zu machen. Es ist nur, in letzter Zeit passieren viele solche dramatischen Ereignisse in der ganzen Welt. Und ich erinnere mich an Alpträume darüber. Ich habe Kinder und habe manchmal über ihre Zukunft nachgedacht, und ich fühle mich ängstlich und traurig. Schreiben darüber, war nur eine Möglichkeit, diese Ängste auszudrücken. Letztendlich, hatten wir elf Songs mit einem zentralen Thema. Und wir hoffen nur, dass es auch helfen kann, die eigenen Ängste zu vertreiben und glauben, dass es "Saat der Hoffnung in dieser hoffnungslosen Welt" ist.


MCR: Marie, auf dem Album singst Du zumeist mit einer klaren rockigen Stimme. Es gibt jedoch auch Passagen mit opernartigem Gesang oder rauhen Growls. Wie schwierig ist es diese unterschiedlichen Gesangsstile miteinander zu kombinieren, insbesondere bei Live-Auftritten?

MARIE: Nun, tatsächlich ist es nicht wirklich schwierig, den Gesangsstil im selben Song zu ändern, es ist lediglich ein technisches Problem, und ich danke Asphodel und Suren Shahi Djanyan, meinen Lehrern, für deren Unterricht. Es ist viel schwieriger, etwas mit all diesen Gesangstechniken auszudrücken und das ist es, was ich auf diesem Album versuche.


MCR: Vynce, Du hast alle Texte zu den Songs geschrieben. Häufig werden die Songtexte jedoch vom Sänger selbst geschrieben. Wieso ist das bei Euch nicht so?

VYNCE: Ja, in der Regel frage ich die Sängerin, ob sie einen Text schreiben will, aber im Augenblick bevorzugte sie, dass ich dies mache. Aber ich hoffe, dass Marie einige für das nächste Album schreibt. Jedenfalls war ich sehr froh, dass sie an einigen Melodien für mehrere Titel des Albums mitgearbeitet hat, die wirklich toll sind!


MCR: Was plant Ihr für die Zukunft?

VYNCE: Unser Album wird am 17. Februar veröffentlicht werden. Wir bereiten ein neues Musikvideo für März vor. Dann werden wir so viel wie möglich touren, um unser neues Album mit unseren Freunden zu teilen. Wir haben großartige Termine vor uns in Europa: Dames of Darkness im Mai in der Nähe von Birmingham, Made Of Metal in der Tschechischen Republik, FemME Metal Event in den Niederlanden im Oktober, auch Turin, für unsere Premiere in Italien und mehrere Termine in Frankreich. Wir können es kaum erwarten!

MARIE: Ja, genau! Wir können es kaum erwarten!



MCR: Vielen Dank Marie und vielen Dank Vynce für dieses Interview. Es war mir eine große Freude. Ich freue mich schon auf Eure Show beim Dames Of Darkness Festival.

MARIE: Wir danken dir für dieses Interview!         


AUTOR FÜR MONKEY CASTLE:   Rainer Kerber

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