SONATA ARCTICA - Ecliptica Over Europe Tour 2015
supp. Freedom Call + Twilight Force
Location: Colos Saal, Aschaffenburg
am 06.05.2015
Na, wenn das nicht ungewöhnlich ist. Gleich zwei der drei Bands, die diese Tour bestreiten, begehen dabei ein Album Jubiläum. Sonata Arctica, die finnische Bombast - Speed - Power Metal Ikone, feiert 15 (mittlerweile genau genommen sogar 16) Jahre "Ecliptica", das Debüt Album der Band um Tony Kakko. Die fränkischen Happy Metaller Freedom Call feiern 13 Jahre "Eternity". 13 Jahre? Ein eher schräges Jubiläum, oder? Nicht, wenn man die 13 Jahre seit der Veröffentlichung des zweiten Band Albums in Wochen umrechnet. Deren sind es dann nämlich 666. Und diese Zahl darf man im ach so bösen Metal Genre natürlich gebührend feiern. Vervollständigt wird die Tour durch eine eher "zwielichtige" Formation namens Twilight Force, die sich dem Power Metal mit textlichem Schwerpunkt Dragons / Fantasy verschrieben hat.
Der Colos Saal im Herzen der bayerischen Untermain Metropole Aschaffenburg ist bereits um 20 Uhr gut gefüllt, als die schwedischen Drachentöter von Twilight Force die Bühne betreten. Gehüllt in seltsame Gewänder (nein, es wird nicht biblisch an dieser Stelle) entern die sechs wackeren Nordmänner die Bühne. Schon ihr Äußeres läßt auf ihre musikalische Ausrichtung schließen. Irgendwo zwischen Freibeuter, Mittelalter und Fantasy reihen sie sich Outfit technisch ein, der Drummer sowie der Keyboarder tragen sogar Kapuzen, wie sie früher Delinquenten über den Kopf gestülpt worden, die zum Schafott geführt wurden.
In den ihnen zugestandenen 25 Minuten präsentierten die nicht nur mich an Orden Ogan erinnernden sechs Musiker aus Falun und Borlänge (Sabaton, HammerFall, Astral Doors) fünf Stücke aus ihrem in 2014 erschienenen Erstling "Tales Of Ancient Prophecies", die vom Publikum im gut besuchten, aber nicht gänzlich ausverkauften Colos Saal mit viel Begeisterung aufgenommen wurden. Die Grabesstimme des Organisten leitete z.T. Songs ein oder aber wurde als Stilelement in die Musik miteingearbeitet. Das Schwert konnte Sänger Christian hin und wieder den Fans präsentieren. Um aber die Flagge mit dem Band eigenen Logo wirkungsvoll zu schwenken, reicht die lichte Höhe im Colos Saal nicht wirklich aus. Ein vielversprechender Opener für die nächsten mehr als dreieinhalb Stunden war Twilight Force aber allemal.
Nach nur einer viertel Stunde Umbaupause begannen Freedom Call um 20:40 Uhr ihr Set. Vier Mittelfranken in Unterfranken - da darf man im Rahmen einer Europatournee getrost von einem Heimspiel sprechen. Sänger Chris wusste diesen Umstand auch gewinnbringend für die Band zu nutzen. Mit viel Wortwitz und seinem unwiderstehlichen Charme brachte der Frontman das Publikum im Handumfrehen auf seine Seite. Die Happy Metal Combo aus Nürnberg veröffentlichte 2002 ihr zweites Album, welches nun in einer remasterten Version inklusive Bonus Disc erneut aufgelegt wurde. Dazu gibt's eine brandneue Hymne zum Thema, bezeichnenderweise "666 Weeks from Beyond" betitelt, die sich als Opener ihres Sets ganz hervorragend machte. Um die 666 Wochen seit dem Release von "Eternity" gebührend zu feiern, spielten Chris, Lars, Ramy und Ilker anschließend acht Stücke aus besagtem Longplayer.
Es waren kurzweilige, humorige 53 Minuten mit Freedom Call, die in dem mitreißenden "Warriors" ihren Höhepunkt fanden und ein frenetisch feierndes und total geflashtes Auditorium zurückließen. Mit dieser Band, noch dazu in dieser Spiellaune, kann an einem Konzertabend überhaupt nichts schief gehen. Eine ganz starke Performance und für mich, das darf ich schon einmal vorweg nehmen, der Gewinner des Abends.
Um 22 Uhr hieß es Showtime für die Headliner dieser Tour, Sonata Arctica. Zu den Klängen von Can Can betraten keine fein - bestrumpften Tänzerinnen im Moulin Rouge Stil die Bühne, sondern fünf Finnen, um zunächst mit "White Pearls, Black Oceans..." aus dem Album "Reckoning Night" (2004) und "X marks the Spot" aus dem letztjährigen Release "Pariah's Child" in ihren Auftritt zu starten.
Danach kündigte eine Stimme aus dem Off den eigentlichen Grund für diese Tour an. 15 Jahre "Ecliptica", welches in Gänze zur Aufführung gebracht werden sollte. Dabei wurde klar, daß die Musik von damals nichts von ihrer Komplexität und Eingängigkeit verloren hat. Die in den neueren Aufnahmen von Sonata Arctica durchaus immer wieder auftretenden Prog Elemente gab es ausgangs des 20. Jahrhunderts bei der Band noch nicht. Gitarren - dominierte Balladen oder stark von Keyboards beeinflußte Power Metal Reißer aber ziehen sich wie ein roter Faden durch das musikalische Schaffen von Sonata Arctica. Das wurde auch an diesem Abend im Colos Saal deutlich.
Für die Zugaben hatten sich die Nordlichter noch einen weiteren Titel aus "Ecliptica" ("Mary Lou"), sowie Stücke aus den bereits eingangs zitierten Werken aufgehoben, wobei das obligatorische "We need more Wodka" mit eingeflochten wurde. Interessant auch, daß die Menschen im Auditorium kaum noch Bilder oder Videos mit ihren Smartphones machten, nachdem Kakko in einem Monolog darauf hingewiesen hatte, daß die "zehn Leute hinter euch dann nur noch auf euren Screen achten und nicht mehr auf das, was auf der Bühne passiert." Der Mann hat seine Gefolgschaft im Griff.
Insgesamt kam mir der Gig, ganz besonders aber die Attitüde des Fronters, doch recht steril, distanziert und kalt vor. Musikalisch über jeden Zweifel erhaben, fehlte mir persönlich die Nähe zum Publikum. Dieses sang zwar textsicher mit, dennoch fehlte mir das spezielle Etwas an diesen 100 Minuten Sonata Arctica live. 30 Euro für (netto) knapp dreieinhalb Stunden Musik sollten aber niemanden gereut haben, der an diesem Abend den Weg in den Live Club im Roßmarkt gefunden hatte.
Autor + Pics : MC Lucius
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