HORISONT - Odyssey

Die Retro-Welle ist nach wie vor in vollem Gange und wird wohl noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Man muß sich schon durchwühlen, um sich in den allmonatlichen Veröffentlichungen dieser Szene noch zurechtzufinden.

Eine große Basis findet diese Retro-Szene in Schweden mit Bands wie Witchcraft oder Graveyard.  

Aber auch die Band um die es hier geht, Horisont, mischt schon eine ganze Weile mit. 2006 gegründet brachte man es auf bisher zwei Alben. Das dritte liegt Mitte September vor und ist „Odyssey“ betitelt.

Horisont heben sich in der Szene durch ihre tiefe Verbeugung von Anfang-70er Sounds in Verbindung mit progressiven Einflüssen der frühen Yes und auch durch diverse Soundspielereien, die man sonst nur in der Space-Rock Szene findet, erfrischend ab.

Und genauso ungewöhnlich eröffnet man das Album. Mit einem mehr als 10-minütigen Opener, gleichzeitig der Titelsong „Odyssey“, setzt man der geneigten Hörerschaft gleich mal einen schweren Brocken vor. Gleichzeitig ist dieser Song selbstredend das Herzstück des Albums. Mutig, einen solchen gleich an den Albumanfang zu setzen. Nun gut....der Song besticht durch seine außergewöhnliche Vielfalt. Jede Minute passiert hier etwas Neues, alles aber im Rahmen der back-to-the-roots-Sounds. Ein Sound, der dem Hippie-Sound der End-60er durch dunklere Elemente den Garaus machte. Ein weiterer großer Pluspunkt von Horisont ist Sänger Axel Söderberg. Ein Sänger, den man durchaus mit dem jungen Lou Gramm (Foreigner) vergleichen kann, die Stimmfärbung ist ähnlich. Axel singt dabei noch einen Tacken klarer und...ja...besser.  

Wie gesagt, der Titelsong ist ein sehr abwechslungsreicher. Die Gitarren erinnern hier und da an Helden wie Thin Lizzy, immer in Verbindung mit Keyboard/Synthies, welche die bereits erwähnte Prog-Affinität unterstreichen. Mal verspielte Parts, mal härtere Passagen....der Song strotz nur so vor Ideenreichtum. Großer Song !!

Ein solches Werk zu Beginn hat dann, man konnte es befürchten, zur Folge, daß die folgenden Songs, welche sich im Bereich von 3 – 5 Minuten bewegen, doch sehr viel einfacher gestrickt sind.  

„Break the Limits“ mit seinen Foreigner-Refrains, melodischen Chören oder das etwas Status Quo-lastige „Blind Leder Blind“ mit teils balladeskem Twin-Gesang kommen viel eher auf den Punkt und gehen dadurch aber auch schneller ins Ohr.

Überhaupt macht sich die Band, so weit ich das erkennen kann, einen Spaß daraus, bekannte Sachen zu zitieren. So unterbricht man den straighten Rocker „Bad News“ mal für eine tolle Gitarren-Einlage, die klar von „Eruption“ (vom ersten Van Halen-Album) beeinflusst ist. Eruption goes Vintage quasi. Oder bei „The Night Stalker“, welcher sehr gemächlich mit ruhigem Gesang beginnt und etwas Whitesnake's „Blindman“ ähnelt (kommt sogar im Text vor).

Es bleibt hier aber bei kleineren Zitaten, durch eigene Sounds bringt man genügend frische Ideen rein, um nicht als Abklatsch genannt zu werden.

Bei „Flying“ vernimmt man spanische Gitarren und auch der Song an sich besitzt trotz aller Old-Schooligkeit ein gewisses spanisches Flair. Ein durch Hard Rock veredelter Bolero also. Spaß beiseite....irgendwie erzeugt der Song bei mir so ein gewisses Jam-Feeling mit Gesang.

Immer wieder werden ruhigere Töne angeschlagen. Dies ist leider auch ein Anzeichen dafür, daß das Album um ein paar Songs zu lang geraten ist. Schlecht sind diese Songs dagegen nicht. „Beyond the Sun“ zum Beispiel schlägt nach Grummeln am Anfang balladeske Töne an und endet mit einem leidlich melancholischen Gitarrensolo. Über allem thront die tolle Stimme von Axel Söderberg, eine Ausnahmeerscheinung, ganz gewiss.

Mit „Red Light“ hat sich gar eine kleine Biker-Hymne eingeschlichen. Motorengeräusche zu Beginn, Polizeisirenen zum Schluß und dazwischen straighter Rock'n Roll.  

Zum Abschluß legt man mit „Timmarna“ nochmals eine lange, über 8-minütige Nummer hin. Aber im Gegensatz zu dem genialen Opener langweilt dieser Rausschmeißer (kann man so eigentlich gar nicht nennen) nach einiger Zeit. Eine immer wiederkehrende, luftige Keyboardmelodie die zu Beginn Spannung aufbaut, man freut sich schon was gleich kommt....und es kommt....nix. Es folgt lediglich eine hippie-mäßige Passage in recht entspannter Atmosphäre. Ich nenne sowas immer Kiffer-Musik. Eindeutig ist dieser Song zu lang geraten.

Mit „Odyssey“ ist es Horisont gelungen, sich wohltuend von den vielen, vielen Retro-/Vintage-Rock-Bands abzuheben. Ausschlaggebend, wie erwähnt, die progressiven Einflüsse und der tolle Gesang. Mit ex-Church of Misery-Mitglied Tom Sutton hat man einen neuen Gitarristen gewonnen, welcher dem Gitarrensound hier und da seinen eigenen Stempel aufdrückt.  

Erwähnt werden sollte noch das Albumartwork. Eine Hommage an die klassischen Sci-Fi-Paperbacks und Artworks der frühen Progressive Rock-Szene (auch hier sei wiederum Yes genannt). Der Sound von Produzent Henrik Magnusson fängt die Retro-Stimmung exzellent ein und lässt immer wieder modernere Soundspielereien mit einfließen.

Horisont, ein Stern am überfüllten Retro-Horizont !!   


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