ROCK HARD FESTIVAL 2016

Location:  Amphitheater, Gelsenkirchen

am:  13.05. - 15.05.2016

Die Wetterprognosen im Vorfeld waren alles andere als berauschend für das diesjährige Rock Hard Festival im wunderschönen Amphitheater von Gelsenkirchen. 22 Bands hatten sich für die drei Tage vom 13.05.-15.05. angekündigt, leider aber auch Regen und Arscheskälte.

Egal, dann halt wärmere Klamotten eingepackt und los am Freitag in der Frühe, mit Metalvurry und Icke, sowie dem traditionellen Halt am Parkplatz Brunsbecke. Den Zeltplatz diesmal am letzten Ende des Campgrounds erwischt....relative ruhige Lage, aber auch ewig lange Wege. Muss für nächstes Jahr neu überdenkt werden. Genauso wie die Absage des fest eingeplanten 5-Mann-Zeltes, was erhebliche Improvisationen vor Ort zur Folge hatte.

Nicht lang aufgehalten, VIP-Tickets getauscht und rein in den ersten Festivaltag. Glücklicherweise blieb man an diesem Tag von Wetterkapriolen verschont, so daß es noch relativ heiß zu ging im Gelände und man sich an die Hitze der vergangenen Jahre erinnert fühlte. Der Stimmung kam's zu Gute und so konnten die Eröffner und Deutsch-Deather Sulphur Aeon mit ihrem gewaltigen Sound bereits die ersten Banger vor die Bühne locken. Mit dem Backdrop ihres akutellen Albums verziert, ein Hingucker und erster Knalleffekt eines Freitags, der etwas im Zeichen des Thrash stand.

Year of the Goat danach waren dann etwas mehr für Gourmets dieser doomig, psychedelischen Angelegenheit. Die Band agierte recht unaufgeregt, aber auch nicht besonders tight, so daß sich der Anfangswirbel von Sulphur Aeon doch wieder etwas legte und man sich lieber den ersten In-Area-Bieren widmete.

Auch die folgenden Satan schienen nur die ausgemachten Kenner der NWOBHM auf der Platte zu haben. Ansonsten sind die spärlichen Reaktionen zu dieser britischen Legende nicht zu erklären. Vielleicht lag's aber auch an neuen Stücken wie „Atom by Atom“, welche die Leute noch nicht verinnerlicht hatten. Die Band spielte souverän und gehaltvoll. Hätte sicherlich ein paar Supporter mehr vor der Bühne verdient gehabt.

Dies änderte sich erwartungsgemäß bei den Hessen-Thrashern Tankard, die auf der Bühne machen können was sie wollen...der Funke springt immer sofort über. Hits wie „Zombie Attack“, „The Morning After“ oder der Abschlußsong „(Empty) Tankard“ sind unverzichtbare Standards, die sich genial mit neueren Hymnen wie „Rectifier“ oder „A Girl Called Cerveza“ vermischen.  Gerre in Topform dazu....alles gut.  

Destruction nahmen diese Steilvorlage dankend an und konnten das hohe Stimmungslevel halten, wenn nicht sogar erhöhen. Für mich der heimliche Headliner des Freitags, nicht zuletzt weil man eine spezielle Mad Butcher-Show bot, inklusive des Auftritts des verrückten Metzgers himself. Schmier und Konsorten performten in Höchstform Nummern wie „Curse the Gods“, „Mad Butcher“, „Total Desaster“ oder „Bestial Invasion“ und diverse Gastmusiker wie Andy Brings oder Tom Angelripper ließen sich freudig auf der Bühne blicken und zockten ein paar Noten mit. Destruction räumten ab, ganz sicher.  

Auch wenn ich den Headliner-Status von Sodom nach wie vor fragwürdig finde, muß man der Band attestieren, daß sie in all den Jahren natürlich einige Verdienste im deutsch (Thrash-)Metal zu verzeichnen hat. Technisch um einiges verbessert als noch vor Jahren bringen Sodom mittlerweile auch ein ordentliches Pfund auf's Brett, was den Sound betrifft und rumpeln nicht nur rum. Auch das Potpourri aus Hits der Vergangenheit und neueren Stücken bringt ordentlisch Stimmung in die Hütte, so daß man der Band das Bemühen, den Headliner zu rechtfertigen, durchaus anmerkt. „Outbreak of Evil“, „The Saw is the Law“, „Nuclear Winter“, „M-16“, „Sacred Warpath“ und die Zugabe „Ausgebombt“....alles Thrash-Klassiker, die über die Jahre gewachsen sind. Trotzdem konnten Destruction klar mehr überzeugen und hätten die Pole-Position meiner Meinung nach verdient gehabt.  Nichtsdestotrotz ging ein toller erster Tage mit viel Sonnenschein zu Ende.

Doch bereits in der Nacht zum Samstag schlugen die Temperaturen um und befanden sich unterhalb der 10 Grad Marke. Dieser Umstand ernüchterte zwar den ein oder anderen schneller, als ihm lieb war, aber die Umgewöhnung auf diese Kälte nahm man erst einmal zitternd wahr. Nach der Aufwärmung im naheliegenden Heiner's Hotel beim Weizenbier-Frühstück ging es dann hinein in den Festival-Samstag.

Der Tag begann, wie der vorangegangene endete, nämlich mit Thrash-Metal aus deutschen Landen. Mit den Siegenern Accuser verpflichteten die Rock Hard Verantwortlichen ein weiteres Urgestein des Thrash. Warum die Jungs um Frank Thoms allerdings nicht höher im Billing angesiedelt wurden, bleibt schon aufgrund ihrer legendären Vergangenheit ein Rätsel. Sei's drum...“Sadistic Terror“, „Unreal Perception“ (vom genialen neuen Album „The Forlorn Divide“) und das unverzichtbare „Who Dominates Who“ legten schon früh am Tag das Amphitheater in Schutt und Asche.  

Für mich einer der Höhepunkte des gesamten Festivals folgte nun in Form der schwedischen Doom-Legende Sorcerer. Die Band absolvierte einen absolut tighten Gig und mit Anders Engberg hat man einen ausdrucksstarken Sänger in den Reihen, der sowohl vom Stimmvolumen als auch von der Ausstrahlung her absolut perfekt agiert. Und mit „The Sorcerer“ hat die Band zudem einen kleinen Hit im Gepäck, der zum Ende des Auftritts die entsprechenden Resonanzen einfahren konnte.  

Schwedisch ging's danach weiter mit den Doom-Black Aufsteigern Tribulation, die mit ihrem letzten Album für Furore sorgten. Livehaftig und optisch sind die Jungs allerdings gewöhnungsbedürftig und hinterließen schon den ein oder anderen fragenden Blick im Publikum. Für die Die Hard-Fans war der Auftritt sicherlich genial, für das Mainstream-Publikum eher verzichtbar und gesichtslos, obwohl die Band ordentlich Schminke aufgetragen hatte.  

Da war es gut, daß mit Grand Magus Vertreter der reinen Metal-Lehre folgten. Die Ausrichtung der Band konzeptionell in Richtung Schlachten und Battle Metal ist sicherlich streitbar, die musikalischen Fähigkeiten dagegen nicht. Das Trio um J.B macht mehr Alarm als die meisten vergleichbaren Vertreter und hämmert ihre Trueness mit immer mehr Hits in die Gemeinde. Davon gibt’s mittlerweile genügend, wie „Steel Versus Steel“, „Triumph and Power“, „Iron Will“ oder „Hammer of the North“ beweisen. Es sollen sogar Vertreter der Wirtschaftsmacht und Tennisspieler-Gilde extra wegen der Band angereist sein. Ein etwas kurioses Zugeständnis an die Band aber auch ein Beweis des stetigen Wachstums von Grand Magus.  Sicherlich ein Highlight des Festivals.  

Zu den Highlights kann man sicherlich auch den Auftritt von Wattie und The Expoited zählen. Sicherlich ein ungewöhnlicher Teilnehmer des Festivals, ist das Punk-Publikum auf dem RHF doch in der Regel eher rar gesät. Aber The Exploited räumen mit neuen Alben immer auch in den Reviews ab und Stimmung verbreitet die Punk-Legende sowieso immer. So kamen die kurzen aber heftigen Abriss-Birnen immer auf den Punkt und bei „Fuck the USA“ ließ sich auch Destruction's Schmier nicht nehmen, auf die Bretter zu steigen. Zum Abschluß holte Wattie noch Musiker und Publikum auf die Bühne um gemeinsam den Auftritt stimmungsvoll ausklingen zu lassen. Schräg aber intensiv.

Kadavar aus Berlin rauschten dann etwas beiläufig an mir vorbei, da der Retro Sound nicht unbedingt wie gemacht für diese Uhrzeit schien. Trotzdem zog die Band viele Supporter vor die Bühne, was verdeutlicht, wie groß die Band mittlerweile doch schon geworden ist. Diverse Soundprobleme („Goddess of Dawn“) zum Trotz eine solide Vorstellung, ohne große Höhepunkte.

Es folgte das eigentliche Hightlight des Festivals. Metal Church in reformierter Besetzung mit Ur-Sänger Mike Howe. Der hat zwar seine Matte von früher eingebüßt und wirkt mittlerweile eher wie ein Buchhalter, denn ein Metal-Sänger (rein optisch, natürlich) besitzt aber nach wie vor diese außergewöhnliche Stimme, die man von Alben wie Blessing in Disguise oder The Human Factor her kennt. Der Auftritt wurde somit auch zu einem einzigen Triumphzug und Mainman und Gitarrist Kurdt Vanderhoof wirkte dermaßen angestrengt und konzentriert, daß man sofort wußte, wie wichtig der Band dieser Auftritt war. Einen besseren Einstieg als mit „Fake Healer“ findet man in der Metal-Welt kaum, haut dich das markante Riff von Beginn an aus den Socken. Perfekter Opener, dem mit „Start the Fire“, „Badlands“, „Beyond the Black“ und dem genialen „Watch the Children Pray“ viele weitere Klassiker der US-Metal-Legende folgten. Ich persönlich habe „Gods of Wrath“ vermisst, aber man kann ja nicht alles haben.  Super Auftritt und, wie erwähnt, das eigentliche Highlight des Festivals.

Völlig mitgenommen von dem Auftritt Metal Church's wurde der Headliner des Samstags, Turbonegro, entspannt von den oberen Rängen des Amphitheaters vefolgt. Dem Spaß-Hardrock der Village People fürMetaller scheinen viele Supporter zu folgen, wenn man den Zuspruch vor der Bühne und im weiten Rund gesehen hat. Persönlich ist mir die Mucke und das Gehabe der Band zu prollig und nichtssagend. Trotzdem konnten Turbonegro den Headlinerstatus in gewisser Weise rechtfertigen und hinterließen zufriedene Gesichter.

Nach einer Nacht, in dem die Eisheiligen erneut kräftig zugeschlagen hatten, mußte ein erneutes Aufwärmen bei Heiner's Weizenbierfrühstück für's Gemüt herhalten, um sich für den Festival-Sonntag in Stimmung zu bringen. Discreation wurde leider verpasst, sie sollen aber ordentlich geknallt haben.

Dafür entschädigten die Schweden Black Trip mit ihrem Thin Lizzy angehauchten Sound und erdigem Hard Rock der Güteklasse A. Ein Mix aus dem Debut und dem neuen Album „Shadowline“ ließ die Meute auf Betriebstemperatur und die Reaktionen auf den Auftritt zeigten mehr als nur einen Achtungserfolg.

Die Franzosen Nightingale um Produzenten-Legende Dan Swäno konnten ebenso mit ihrem progressiven Metal der Extraklasse überzeugen. Nicht überfrachten, alles sauber gezockt. „Forevermore“, „Into the Light“....alles feine Perlen des Metal, welche das Publikum aber nicht unbedingt zu kennen scheinte. Ein Ausrasten vor der Bühne blieb somit aus, auch wenn Nightingale als Abschlußsong noch das Edge Of Sanity-Cover „Black Tears“ aufboten.  

Im Anschluß dann der erste Knaller für die Tralala-Fraktion dieses Tages. Orden Ogan fuhren in Kostümen und mit buntem Backdrop die ersten Melodic-Powermetal-Wellen ins weite Rund. Die Band hat viele Supporter mittlerweile, daß konnte man nicht zuletzt an der Menge vor der Bühne sehen. Für mich sind Songs wie „Ravenhead“, „We Are Pirates“ oder „F.E.V.E.R.“ zwar ganz nett anzuhören, aber auch arg belanglos. Egal, dem Großteil der Zuschauer hat's gefallen und solide gespielt waren die Nummern allemal.

Darauf folgte ein weiteres Highlight des Festivals. Die Portugiesen Moonspell baten zum vampiresken Tanz. Und da die Band mit Fernando Ribeiro einen der charismatischsten Sänger des diesjährigen Rock Hard's aufzubieten hatte, spielte wie immer neben der düsteren aber genialen Musik auch Theatralik und Inszenierung eine große Rolle. Neben den Klassikern „Vampiria“, „Alma Mater“ und „Awake“ gab's auch den ein oder anderen Song des neuen Albums „Extinct“ zu hören, dessen Artwork auch das Bühnenbackdrop für den Auftritt Moonspells zierte. Großes Kino !!

Gespannt war man im Nachhinein auf die 80er Metallegende Riot, mittlerweile als Riot V unterwegs. Die Band leidet immer noch unter dem Verlust ihres Gitarristen Mark Reale (R.I.P.), dem man natürlich auf bei diesem Auftritt honorierte. Mit Todd Michael Hall haben Riot ja seit einiger Zeit einen der weltbesten Metalsänger in ihren Reihen, was man auch an diesem Tag erfreut feststellen durfte. Ganz klassisches wie „Narita“, „Fire Down Under“, „Road Racin“, „Swords and Tequila“, sowie das ultimative „Thundersteel“ zum Schluß wurde durch Todd in feinster Weise veredelt und auch neuere Nummern fügten sich nahtlos in diesen superben Auftritt ein. Zwar konnten einige jüngere Besucher anscheinend mit Riot nicht viel anfangen, für die Nostalgiker war der Gig aber ein einziger Genuss.

Nichts gegen Cannibal Corpse, aber was die Veranstalter geritten hat, die Band als Co-Headliner direkt vor Blind Guardian zu setzen, vermag ich nicht zu verstehen. Klar, Corpsegrinder und Co legten von Minute eins an das gesamte Festival mit „The Wretched Spawn“, „Pit of Zombies“ und „Hammer Smashed Face“ in Schutt und Asche, aber mehr wie raus auf die Bühne, alles zerstören und wieder zu gehen, gab es nicht zu bestaunen. Die eingeschworenen Fans wird’s gefreut haben, mir war das trotz aller Coolness der Band zu wenig.

Zum Schluß kam die Band, auf die wohl die meisten Besucher dieses Jahr gewartet hatten. Blind Guardian gaben sich mal wieder im Amphitheater die Ehre. Aus diesem Grund war wohl auch der Sonntag ausverkauft lt. Veranstalter. Dies bedeutet aber auch, daß die beiden anderen Festivaltage eben nicht ausverkauft waren. Nun ja. Der Auftritt von Hansi Kürsch und Anhang kann durchaus als souverän bezeichnet werden. Nichts Überraschendes, viele Standards wie „Imaginations From The Other Side“, „Lord of the Rings“ oder „Fly“ und ein paar neue Songs wie der Opener „The Ninth Wave“ und „Prophecies“bildeten das Gerüst. Unverzichtbar natürlich der „Bard's Song“, den es mit ein paar Promille im Kopf ebenso wunderbar ergreifend mitsingen lässt, wie ohne. „Mirror Mirror“ und „Majesty“ beendeten dann den Gig in absehbarer Art und Weise, das Publikum will's halt natürlich auch hören. Etwas mehr versprochen hatte ich mir von er Optik des Konzertes. Die Bühne wurde zwar zum Backdrop des aktuellen Albums in verschiedene Farben getaucht, aber das war's dann auch schon. Etwas mehr Visualisierung hätte es dann schon sein können. Dafür war der Sound hervorragend, Hansi gut bei Stimme und die Rhythumsfraktion sehr gut eingespielt. Für die Zuschauer sicher ein befriedigender Ausklang dreier arschkalter Festivaltage.

Somit schließt sich der Kreis des Amphitheaters auch 2016 mit bleibenden Eindrücken, die vor Atmosphäre und familiärer Art und Weise nur so strotzen. Für nächstes Jahr bleibt eigentlich nur zu hoffen, daß der Wettergott mit den Rock Hard-Jüngern wieder ein Einsehen hat und die Temperaturen dem Rahmen entsprechend anpasst. Ansonsten gab's auch diesmal nichts zu meckern.

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