TUNE - Identity

Polen ist ein gutes Pflaster, was ProgRock angeht. Ich denke hier natürlich an Riverside, aber auch an Kapellen wie Collage oder Quidam.

Auch Tune kommen aus Polen und mit „Identity“ liefert man das zweite Vollzeit-Album ab.  

Allerdings tue ich mir mit der Musik von Tune ungleich schwerer, als mit den oben genannten Bands, obwohl man bei Progbands ja oft nicht sofort von Zugänglichkeit sprechen kann.

Der Einstieg mit dem instrumentalen Intro „On“ ist zu lang geraten und verstört etwas mit Computersounds. Ok, man könnte auch sagen, es gibt dem ganzen eine spacige Note, aber auch das folgende „Live to Work to Live“ legt diese Soundsamples nicht ab und wirkt dadurch etwas wirr und sperrig. Der Gesang von Jakub Krupski dagegen ist sehr interessant und offeriert mehr als einmal Ähnlichkeiten zu alten David Bowie Zeiten.  

Das komplette Album ist von der Ausrichtung her sehr melancholisch gehalten, die Songs starten oft verhalten und enden in furiosen Finals. Man spielt mit verschiedenen Sounds um die Geschichte spannend zu gestalten und den Hörer bei Laune zu halten. „Disposable“ ist beispielsweise dark wavig angehaucht (Nick Cave lässt grüßen), setzt auf etwas funkige Gitarren und lamentierenden Gesang. „Change“ dagegen könnte man als modernen Walzer ansehen. Diesen könnte man nämlich prima zu diesem Song tanzen. Nach ruhigem Piano-Beginn bilden sich im Raum schwebende Sounds und ein elegisches Gitarrensolo zum Schluß endet den Tanz.  

„Trendy Girl“ mit seinem verschrobenen Beginn, den Computerspielereien und chaotischen Swing-Phasen nervt leider extrem. Den Song hätten sich die Polen sicher sparen können.  

Wie schön daß man bei „Deafening“ dann mit einem Neo-Prog-Keyboard-Einstieg, folgenden Spoken-Word-Parts und wiederkehrenden Neo-Prog-Passagen glänzen kann. Der Gesang erinnert hier sehr stark an David Bowie.

Typisch für den Sound von Tune ist der Track „Crackpot“. Etwas bluesig mit Akkustikgitarre am Anfang und mit Slide-Gitarre und Piano danach steigert er sich immer weiter und dreht bis zum Schluß wahnsinnig auf.  Ebenso das folgende „Suggestions“. Erst spärlich instrumentiert mit Gesang, dann ungleich dynamischer und mit extremeren Gitarren. Der Spannungsbogen bleibt somit immer erhalten.

Bei „Sheeple“ gibt’s dann mal zwischendrin Chorgesang zu hören, der dem typischen Piano-Geang /Piano-E-Gitarre Stil eine zusätzliche Note verleiht.  

Das finale Outro „Off“ ist dann ähnlich dem Intro wieder 4 Minuten lang, glänzt aber mit wuchtigen Drums und wächst final zum Instrumental mit wildem Ende an.  

Tune sind eine sehr interessante Band abseits des Gewöhnlichen und fern von Trends und Anbiederungen. Der Prog-/Art-Rock ist gewöhnungsbedürftig, somit sollte der geneigte Hörer erst einmal die Band antesten, um nicht enttäuscht zu werden. Lässt man sich aber auf den Sound der Polen ein, entfaltet sich ein spannendes, melancholisches Werk, welches durchaus seine Reize hat.

Bin gespannt, wohin die Reise bei der Band noch geht.


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